Verkanten eine Fehlerquelle?
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- Kategorie: Archiv-Berichte
- Geschrieben von Ing. Hannes Rainer
Verkanten - noch immer nicht geglaubt ?
Vor etwa 10 Jahren, im (damaligen) UIT-Journal 1/1998 und danach in der Österreichischen Schützenzeitung, erschien mein Artikel „Ist Verkanten ein Problem ?“, der in ausführlichen Abschnitten erklärte, dass die Höhe des Visiers über dem Lauf beim Verkanten keine Rolle spielt.
Diese kurze Aussage benötigte, wie erwähnt, viele Erklärungen. Sie klingt im ersten Moment unglaubwürdig und wurde bzw. wird im allgemeinen nicht ganz akzeptiert. Bei vielen Gesprächen seitdem empfing der Autor jedoch kein einziges beweisendes Gegenargument; jeder Gesprächspartner war und ist unsicher
Ebenso unsicher sind schriftliche Angaben. In keiner Fachzeitschrift, Fachbuch usw. ist ein so ausführlicher Artikel wie der im UIT-Journal zu finden. Lediglich in den aktuellen Katalogen unserer ISSF-Branche wird seitdem kurz, in einem Satz, darauf hingewiesen: etwa „Erhöhung spielt keine Rolle“.
Der eigentliche Grund für diesen neuen Artikel setzt sich aus Aussagen und Fragen zusammen, die bei den erwähnten Gesprächen mehrmals angeführt und leider - mea culpa - im seinerzeitigen Artikel nicht eindeutig und umfangreich einer Erklärung unterzogen wurden.
1. Mit dem Luftgewehr 6 cm statt 4 cm
Diese seit ca. drei Jahren erlaubte Visiererhöhung wird durch die Aktiven in der Regel mit höherer, natürlicher und entspannter Kopfhaltung angenommen; mit gleichem Seitenfehler bei gleichem Verkantungswinkel wie mit 4 cm. Wenn man allerdings die gesenkte Kopfhaltung beibehält und statt dessen das LG um 2 cm tiefer hält, tritt durch die 6 cm ein größerer Seitenfehler auf; aber nicht um die Hälfte mehr wegen 6 cm statt 4 cm, sondern nur um einen Bruchteil, da der Schuss jetzt um 2 cm steiler nach oben abgegeben wird. Das ist allerdings nur für die Theorie interessant, für die Praxis nicht.
2. Theorie und Praxis von Verkantungsversuchen.
Der Grund, daß die einfache und theoretisch erklärbare Aussage - die Höhe spielt keine Rolle - bis jetzt bzw. 1998 praktisch unbekannt war, liegt in der umständlichen, schwierigen Praxis entsprechender Versuche. Sitzend und mit aufgelegtem Gewehr möglichst präzise schießen wäre das Einfachste. Man benötigt dazu aber nicht nur das normale, gewohnte Visier, sondern eben auch höheres. Ein Paar (für Diopter und Korntunnel) von 1 cm – Erhöhungen hat fast jeder Schütze, aber erst mehrere Zentimeter würden klare Beweise liefern. Erhöhungen der Zielfernrohre auf Jagdgewehren sind in der Praxis überhaupt nicht notwendig und daher auch nicht zu kriegen; Erhöhung fix montierter Kimme und Korn auf einfachen Gewehren ist ganz unmöglich. Mehrere 1 cm – Erhöhungen übereinander fordern in der Regel umständliches Einstellen des Diopters, ein Treffpunkt außerhalb des Verstellbereiches verlangt einen anderen Diopter. Zwei Gewehre mit eingeschossenen verschiedenen Visierhöhen bringen nur mit gleicher Anfangsgeschwindigkeit der Geschosse sichere Ergebnisse - langsame Geschosse (zum Beispiel von einem Gewehr mit kürzerem Lauf oder weniger Pressluftdruck) fallen mehr und der Lauf dreht sich bei gleichem Verkantungswinkel weiter zur Seite, siehe Artikel 1998. Man benötigt also zwei gleiche Gewehre oder ein Geschwindigkeitsmessgerät.
Mit Sicherheit gleicher Verkantungswinkel fordert bei Jagdgewehren mit Rückstoß eine mit Skala, Messgerät usw. versehene Unterlage. Bei 50 m – Gewehr und Luftgewehr genügt die bekannte Wasserwaage, Libelle mit allerdings geringem Winkelbereich; einfacher, billiger und sogar besser ist ein mittels Klebeband am Vorderschaft oder Lauf befestigter Bleistift oder sonstiger Stab, der zur Seite zeigt und bei den verkanteten Schüssen den Tisch berührt ; bei den Schüssen mit gerade liegendem Gewehr ist er etwa waagrecht.
Für die ersten Versuche, mit dem Luftgewehr, benötigt man nicht einmal spezielle Visiererhöhungen; das Basteln solcher aus Holz oder sonstigem Material, Befestigen mit Schrauben oder Klebstoff - und Einschießen mit Geduld - genügt für die rückstossfreien Luftgewehre. Wenn dann beim Testen ein Schuss plötzlich weit daneben geht, ist man eben irgendwie stark angestoßen.
3. Auch Armbrust mit Visiererhöhung
Zusätzlich zur Gleichstellung der Visierhöhen - alle! treten mit der selben Wirkung auf - verbinde ich die bei jedem Verkanten besonders empfindliche Armbrust mit dieser Aussage. Und auch das ist richtig: ja, man muss mit dem Sportgerät Armbrust ohnehin jedes zufällige Verkanten vermeiden, aber mit der am Foto ersichtlichen fünf cm betragenden Erhöhung auch nicht mehr als sonst. Übertragung aller Schusslöcher auf ein Papier beweist - und kann es bei jedem Bewerb - dass die Höhen- und Seitenstreuung etwa die gleichen Maße beträgt, je nach persönlichen Fehlern des Schützen.